TV - und Video-Ads heute und morgen: Smart devices need creative thinkers (and doers).
Grosses Thema in den heutigen Diskussionen und Vorträgen war die Zukunft der TV-Ads. Dies betrifft die Branche des Online-Marketings auf vielen verschiedenen Ebenen. Grundsätzlich ist die Branche einhellig der Meinung, dass die Budgets nun endlich den Usern zu folgen haben und vermehrt in die digitalen Kanäle investiert werden sollen. Dies klingt auf den ersten Blick logisch, ist in der Umsetzung aber alles andere als trivial. Erstens hält sich das Medium Fernsehen Reichweiten-mässig nach wie vor wacker, zweitens kennen die Kunden die „Währung“ der TV-Ad Performance-Messung (Gross rating point „GRP“) seit Jahrzehnten und vertrauen ihr deutlich mehr als den mannigfaltigen Parametern, welche die Digitale Mess-Welt bereitstellt.
Diese Kombination macht das Buchen von TV-Ads zu einem bequemen, sich alljährlich ungefähr im gleichen Rahmen wiederholenden Ritual. Das Planen und Durchführen von Video-Kampagnen im Online-Bereich ist dagegen alles andere als bequem, da hier nach wie vor viel Pionierarbeit gefragt ist: Auf welchen Media-Plattformen soll geworben werden und auf welchen Geräten? Mit was für Werbemitteln? Und wo sollen die interessierten User, die nicht nur schauen, sondern auch klicken, denn landen? Und wenn sie am richtigen Ort landen, wie bringen wir sie dazu, zu interagieren und sich zu engagieren?
Noch kein deutschsprachiger Old-Spice-Effekt
Simone Ashoff („Good School“, Hamburg) wies darauf hin, dass es – zumindest im deutschsprachigen Raum – an Online-Werbekampagnen mangelt, die sich nachhaltig ins Hirn der Leute brennen. An eine besonders tolle TV-Kampagne mag sich jedoch jeder erinnern. Ein Grund für das spärliche Vorhandensein von hängenbleibenden Online Kampagnen ist der Fakt, dass hierbei ganz unterschiedliche Organisationen wie auch Personen zusammenarbeiten müssen und dies so schnell, dass die eingesetzte Technik beim Kampagnenstart nicht bereits wieder überholt ist. Diese Abläufe sind sich jedoch erst am Einpendeln.
Immer wichtiger werden in diesem Prozess die Kreativen. Durch Video-Anzeigen (bei denen die User das Ad per Klick selbst starten müssen) sowie bei den True View Formaten (bei welchen der User die Auswahl von drei oder mehr Werbevideos hat, wovon er eines anschauen muss), werden neuartige, kreative und überraschende Inhalte gefördert. Wer klickt da schon auf den kanonischen Waschmittel-Spot, der seit 50 Jahren derselbe ist? Es lohnt sich also, in eine gute Idee zu investieren. Insbesondere da bei richtig tollen Inhalten ja immer noch das virale Potential fernab der Mediaplattformen besteht und das Video von den Usern über die sozialen Medien weiter verbreitet werden kann. Umdenken müssen die Kreativen auch von der Dramaturgie her. Zeichnet sich der klassische Werbespot durch einen Twist zum Ende aus, wird nun der Start des Videos zentral, da der User sonst gar nicht erst klickt und den Spot so gar nicht sieht.
SECOND-SCREEN: CALL-TO-ACTION INS INTERNET
Die klassischen TV-Ads sind jedoch in naher Zukunft alles andere als bedroht, sie werden vielmehr eine andere Funktion übernehmen. Da die Leute, die „nur“ fern sehen ohne gleichzeitig ein zweites oder gar drittes Device zu bedienen, bereits heute in der Minderheit sind, übernehmen die TV-Ads immer häufiger eine Call-to-action Funktion in Richtung Internet. TV-Ads sollen die Leute auf die Websites (und damit in vielen Fällen zum Point of Sale) der Brands bringen. Dies funktioniert heute noch mehrheitlich über die direkte Aufforderung („besuche jetzt unsere Website“ bzw. „werde jetzt Fan von unserem Produkt“). Sobald TV-Geräte flächendeckend „smart“ geworden sind, kommunizieren der TV und der jeweilige „second screen“ zusammen, sodass die Inhalte auf beiden Geräten synchron sein können. Von dieser Möglichkeit werden mitnichten nur die Werbetreibenden (ein schon jetzt toll funktionierendes Beispiel wäre die „Heineken Star Player“ Applikation), sondern auch die TV-Sender (Arnd Benninghoff von Pro7/Sat1 nannte als Beispiel die digitalen Dienste rund um die Sendung „The Voice“) im grossen Stil Gebrauch machen. Die Interaktionen, welche die User vor dem TV mit Sendungen oder Brands tätigen, sind von ungleich höherem Wert (auch wenn dieser – siehe oben – nur schwer bestimmbar ist), als die blosse Ausstrahlung eines klassischen Spots. Aus diesem Grund werden wohl die Kosten für TV-Ads, wie heute von einer Vertreterin der Kundenseite gewünscht, so bald nicht sinken.
ROI, CPC, TLA
Die Multiscreen-Welt ist sowohl für die Kundenseite (Wie muss ich meine Agentur briefen? Was bedeuten all diese TLAs (Three-letter-abbreviations) welche die Agenturleute ständig verwenden?) als auch für die Agenturseite (Ressourcenplanung, Einkauf von Dienstleistungen Dritter und Kooperationen mit Partnern, Zieldefinition und -Messung etc.) eine grosse Herausforderung, aber auch eine enorme Chance. Richtig gemacht, entsteht so etwas, das eigentlich gar nicht mehr als Werbekampagne bezeichnet werden kann, sondern etwas komplett Neues ist und auch den betroffenen Brand in eine komplett neue Funktion überführt