Die Vorträge und Diskussionspanels am ersten Tag der diesjährigen dmexco (Digital Marketing Exposition & Conference) in Köln boten für die doch breite Diversität an Themen rund um die Branche des Digitalen Marketings eine erstaunliche inhaltliche Stringenz . Dieselben Themen und Entwicklungen wurden aus verschiedenen Akteur-Perspektiven beleuchtet, woraus sich am Ende eines langen Tages die folgenden Punkte als die wichtigsten der momentanen Diskussionen herausgestellt haben:
Die Ära der Partizipation
In seinem mitreissend vorgetragenen Abriss zur Geschichte und Gegenwart des Marketings spannte Nick Brien (CEO of McCann Worldgroup) den Bogen über die rund 100jährige Geschichte des Marketings. Dieses illustre Jahrhundert unterteilte er in die „Era of Information“ (Information zum angebotenen Produkt nach dem Motto: „the truth well told“), die „Era of Emotions“ (ab den 40er Jahren; Versuch, sein Produkt über Emotionen von den – grundsätzlich gleichwertigen – Produkten der Konkurrenz abzuheben) und der seit rund fünf Jahren bestehende Ära der (User- bzw. Kunden-)Partizipation. Dass die Werbung es mit der Wahrheit spätestens seit dem ins Spiel bringen der Emotionen nicht allzu genau nimmt, hat sich in der Konsumentenschaft bereits weit herumgesprochen. Entsprechend niedrig ist das Vertrauen der Kunden in die Aussagen der Werbewirtschaft. Umso grösser ist jedoch das Vertrauen der User in die Empfehlungen ihrer Bekannten. Darin liegt denn auch der grosse Nutzen von Social Media für zeitgenössische Brands. Die sozialen Netzwerke, welche die Partizipation der Kunden – und damit ein Ausgleich der Machtpositionen zwischen Kunde und Hersteller – erst ermöglicht haben, bieten gleichzeitig auch enorme Möglichkeiten für neuartige Marketing-Strategien und -Ziele.
Consume and Share: Wozu Social Media Marketing?
Neben dem bereits erwähnten Beispiel des gegenseitigen, vertrauensvollen Empfehlens innerhalb des (digitalen) Freundeskreises lohnt sich das Bewirtschaften der sozialen Kanäle für Brands unter anderem auch dazu, mehr über seine bestehenden wie zukünftigen Kunden zu erfahren. Nach wie vor dominiert beim Social Media Marketing die Frage nach dem Nutzen im Sinne von ROI, RoAS und dergleichen. Man kann ein Investment in diese Kanäle auch unter einem komplett anderen Gesichtspunkt betrachten („consumer intelligence“) und die so gewonnenen Erkenntnisse dazu einsetzen, seine eher klassischen Marketing-Massnahmen gezielter und damit effizienter einzusetzen.
Hier knüpft ein anderes, heute ebenfalls mehrfach angesprochenes Thema an, das sowohl Social Media als auch beispielsweise die Welt der Display-Werbung betrifft: Das Fehlen von einheitlichen Messwerten und KPIs jenseits von Klicks und Conversions. Eine „universal currency“ soll her, sodass eine Impression (und die Kosten für Eintausend ebensolcher) über all die verschiedenen Netzwerke, Plattformen und Geräte auch tatsächlich immer eine Impression ist.
Display: Be there or be square rectangle?
“Display is on fire” [tweet this], sagte Neal Mohan, VP für Display Advertising bei Google, in seiner Keynote. Dies aus zwei Gründen: Erstens verlagert sich die Nutzungszeit der User weiterhin massiv ins Netz und zweitens wird die Technologie zur Automatisierung und zum Tracking immer ausgereifter. Der letzte Punkt ist zentral, da die Engagement-Funktionen der Banner der Zukunft immer wichtiger werden. Mit HTML5 sind Werbemittel möglich, die so gross und tief sind wie eine ganze Website. Erste Tests mit solchen Bannern zeigen, dass die User, die sich auf eine Interaktion damit einlassen, teilweise mehrere Minuten darin verweilen. Diese tiefgreifende und intensive Auseinandersetzung mit einer Werbeeinblendung (und dem dahinter stehenden Brand) besitzt eine völlig andere Qualität als alle bisherigen, gängigen Werbeformate.
Gute zeitgenössische (online-)Werbung ist dabei weder besonders auffallend noch störend, sondern subtil im richtigen Kontext platziert und zeigt ein Produkt, dass das Leben des jeweiligen Users besser macht. Bis hierhin war es ein langer Weg von den blinkenden (und teilweise gar akustisch untermalten) Bannern aus der Steinzeit der online Werbung. Zentral für die Planung heutiger Display-Kampagnen ist die mit den mobilen Möglichkeiten inflationär aufgekommene Verwendung von verschiedenen Geräten („Multiscreen“). Hier waren sich sämtliche Referenten einig, dass es schon in naher Zukunft die Ausnahme sein wird, dass eine Werbekampagne nur auf dem klassischen, im Wohnzimmer stehenden Bildschirm beschränkt geplant wird. Vielmehr wird der Grossteil der zukünftigen „TV-Ads“ auch auf den mobilen wie stationären digitalen Bildschirmen zu sehen sein (gerade auch deswegen, weil die Aufmerksamkeit, die dem Fernseher geschenkt wird, durch Parallelnutzung von mobilen Geräten laufend abnimmt).
WEITERE BEITRÄGE ZUR DMEXCO 2012:
DIE SUCHMASCHINE?
Während intensiv über die Sozialen Netzwerke und next-gen Display Advertising debattiert wurde, scheint sich bezüglich der Suchmaschine selbst nicht viel Streitbares finden. Die Debatte mit dem Titel „The Future of Search“, an dem unter anderem die Länderchefs von Google und von Microsoft teilnahmen, drehte sich vorwiegend um – wen überrascht’s – Social Media und Display. Ganz klar, Social Search ist bei beiden Suchmaschinenbetreibern nach wie vor das grosse Thema.
Welche Social Search Strategie (Integration von Beiträgen aus verschiedenen Netzwerken vs. das – schleppende – Aufbauen eines eigenen Netzwerks) und welche Darstellungsform (separate Spalten für verschiedene Arten von Resultaten vs. Universal Search) sich schliesslich durchsetzen wird, wird die Zukunft zeigen. Dass sämtliche Push-Aktivitäten (on- wie offline) am Ende zu Suchanfragen führen und dass diese Suchanfragen organisch wie auch auf den Anzeigenplätzen optimal beantwortet beziehungsweise abgeholt werden müssen, darüber streitet sich heute niemand mehr.