07-04-2012

Mobile Browser vs. Apps

Foto Simon Bertschinger @ Webrepublic AG)

Simon Bertschinger

Die Frage, ob Apps in Zukunft das Surfen im Internet via (mobilen) Browsern ablösen oder gar gänzlich überflüssig machen, gibt nach wie vor Anlass zur Diskussion. Egal wie die Frage letztlich beantwortet wird sollte jedoch klar sein: Wer seine Produkte oder Website weder für mobile Browser noch als App für mobile Endgeräte optimiert, verliert.

Der Artikel des Tagesanzeigers vom 3. Juli 2012 befasste sich auf Basis der neusten Comscore-Analyse mit einer Art «Rundumschlag» vom prognostizierten Tod des World Wide Web über die Diskussion Browser vs. Apps bis hin zu Apples Marktanteilen. Aus Sicht der Webrepublic greift der Artikel damit jedoch insbesondere in der Frage der mobilen Internetnutzung deutlich zu kurz und kratzt maximal an der Oberfläche einer heute immer wichtigeren Debatte.

Betrachtet man die Daten der Studie etwas genauer stellt man fest, dass zwar wie im Tagi-Artikel beschrieben 51.1% der User von mobilen Geräten Apps auf ihrem Endgerät benützen, diese Zahl jedoch nicht mit den 49.8% Browsernutzer in Konkurrenz steht. Die Angaben besagen lediglich, dass Apps und Browser auf mobilen Endgeräten je ungefähr von der Hälfte der Nutzer tatsächlich genutzt werden. Dies könnten rein theoretisch sogar 2x dieselben Personen sein, während die restlichen 50% als Nicht-User beider Anwendungen auftreten würden.

Insofern wird klar, dass sowohl Apps als auch Browser heute beide ihre Legitimation haben und in nächster Zukunft vermutlich keiner der beiden Dienste den anderen vollkommen ablösen wird. Dieser durchaus gesuchte Dualismus ist in der Praxis somit vielmehr eine Koexistenz und beide Arten mobiler Interaktion haben ihre Vor-und Nachteile. Ein Unternehmen sollte sich also nicht primär darum kümmern, ob eine App oder eine mobil optimierte Website für ihre Kunden besser ist, sondern ob wenigstens eine der beiden Varianten umgesetzt wird. Ob App oder Browser ist erst danach zu überprüfen, wobei jeweils die Technologie ausgewählt werden sollte, welche die beste Lösung für die jeweilige Firma und ihre Produkte darstellt. Hat ein Unternehmen also eine App, braucht diese nicht zugunsten einer mobil optimierten Website aufgegeben zu werden oder umgekehrt. Bei beiden Lösungen sollte jedoch die Möglichkeit zur Analyse der generierten Daten vom ersten Tag an vorhanden sein.

Gerade für Neueinsteiger in die mobile Technologie sprechen jedoch einige Gründe für das optimieren der Website für mobile Endgeräte, bevor eine eigene App lanciert wird:

  • Die Erstellung und Optimierung einer Website für mobile Geräte ist meist kostengünstiger als die Entwicklung spezifischer Apps.
  • Eine mobil optimierte Website ist unabhängig vom Betriebssystem erreichbar, während Apps für verschiedene Betriebssysteme entwickelt werden müssen (Apple iOS, Google Android, Windows Phone, Symbian, RIM, etc.).
  • Mobile Websites sind dynamischer als Apps und erlauben einfache Anpassung der Inhalte.
  • Für mobile Endgeräte optimierte Websites bieten gegenüber Apps SEO Vorteile und können einfacher und in die Tiefenstruktur der Seite verlinkt werden, während Apps und deren Inhalte nicht einfach so geteilt werden können.
  • Firmen, welche über Apps verfügen, vernachlässigen teilweise ihren mobilen Webauftritt.Hat man eine App, sollte man die User beim Einstieg auf die Website darauf hinweisen und einen Link zum Download der App anbieten.
  • Mobile Browser steckten bislang noch in Kinderschuhen und erleben erst in jüngster Vergangenheit enorme Entwicklungssprünge. In dieser Hinsicht darf noch viel erwartet werden.

Demgegenüber bieten Apps den Vorteil, dass keine dauernde Internetverbindung notwendig ist und Inhalte auch offline verfügbar sind. Zudem eignen sich Apps insbesondere für interaktive Anwendungen wie Spiele oder personalisierte und regelmässig genutzte Funktionen wie EverNote. Letztlich geht es also nicht darum, dass eine Technologie der anderen überlegen ist und diese auf lange Sicht verdrängen wird, sondern um eine optimale Anpassung des Angebots an die Bedürfnisse ihrer Kunden. Zum heutigen Zeitpunkt stehen viele jedoch noch vor dem ersten Schritt, überhaupt für mobile User erreichbar zu sein und dadurch die Interaktion des Kunden mit dem Unternehmen zu jedem Zeitpunkt an jedem Ort so einfach wie möglich zu gestalten.

App oder mobile Website? Kein Entweder-oder, sondern abhängig von der Strategie. [Tweet this!]