Duncan Watts interessiert sich für diese Fragen, um Social Media zu untersuchen:
- Die Vernetztheit der Internet-User aufzeigen ("6 Degrees of Separation")
- Warum sind Blockbusters soviel erfolgreicher, wie kann man (viralen) Erfolg beschreiben?
- Kulturelle Werte mit soziologischer Theorie und mathematischen Modellen beschreiben
In einem Online-Live Lab wurden 9 verschiedene Setups einer Social Media Seite für Musik-Fans aufgebaut, mit unterschiedlicher Integration sozialer Elemente (Social Signals wie zB welche Songs wurden wie oft heruntergeladen, welche Songs mögen deine Freunde, etc). Das Ergebnis: Popular Songs become more popular!
Je mehr soziale Information einzelne User haben, je mehr basieren ihre Entscheidungen auf diesen Informationen - aber: Umso stärker nimmt auch der Informationsgehalt der kollektiven Entscheidung ab, da sie sich angleicht. Die Quintessenz daraus: Manipulation of social influence is not so easy. Individuelle Präferenzen können beeinflusst werden (über social signals), aber man erfährt dabei nicht mehr über kollektive Präferenzen.
Nächstes Thema: The Twitter Influence Project
Um sozialen Einfluss weiter zu messen, hat Watts auch über Twitter verschiedene Experimente durchgeführt. Als grundlegende Klassifizierung der User hat er sich dabei auf Listen gestützt: Lists als "crowd-sources labels" - wenn 1 Mio. User Ashton Kutcher als Celebrety listen, wird es wohl stimmen.
Die einzelnen Netzwerke von Usern, wer wem folgt ("who pays attention to whom"), ist sehr spannend: Gleiche folgen gleichen, ausser Organisationen - sie erzählen nicht nur, sondern hören auf ihre Kunden. (Indiz für ein immer wichtiger werdendes Anwendungsfeld von Social Media: Dialog). Und die Promis? «Celebrities do not retweet - they are only interested in what they say.»
Einfluss wurde danach anhand des Two-Step Flow Modells untersucht. Sounds familiar? Theorie stammt von Katz und Lazarsfeld aus den 1950er Jahren, kommt zu spätem Ruhm.
Die Analyse eines grossen Samples von Tweets zeigte Watts, dass normalerweise mit einem Tweet nicht viel passiert: Nur ein Bruchteil von Tweets löst eine Aktion aus: «Most Tweets don't spread». Kaskaden (also Kettenreaktionen von replies und retweets) sind selten, aber wichtig: Die Hälfte aller URLs, die ein Twitter-User zu sehen bekommt, erhält er über retweets. Das Two-Step Modell funktioniert also und ist wichtig.
Die zentrale Frage bleibt aber: How to predict influence? Teilweise war Watts erfolgreich: Je mehr follower man hat und je mehr Kaskaden man in der Vergangenheit ausgelöst hat, umso grösser der Einfluss (naheliegend...). Aber: Der Inhalt und die Tweet-Häufigkeit spielen keine oder eine sehr kleine Rolle. Was mir dabei auffält: Die klassischen Nachrichten-Werte aus der Kommunikationswissenschaft (Tragweite, lokaler Bezug, Prominenz, Konflikt etc.) scheinen auch auf den Einfluss und die Verbreitung von Tweets den grössten Einfluss zu haben.
Lasswells Formel (who says what to whom with what effect?) hat Watts also mit verschiedenen Studien untersucht und konnte einzelne Teil-Antworten dazu finden: Social Media Studien helfen, das zu klären. Die Kombination von quantitativer und qualitativer Studien ist dank der neuen Ausgangslage möglich: Soziale Interaktion ist messbar, da datenbasiert.
Not there yet, but stay tuned...
Unser Fazit nach dieser Keynote: Interessante Ansätze und Studien, doch der Code um sozialen Einfluss vorherzusagen konnte noch nicht geknackt werden. Opinion Leaders spielen wie im realen Leben auch bei Social Medie eine wichtige Rollen und neben den klassischen Kandidaten dafür (Promis, Experten) sind "ordinary influencers" zwar einfach zu identifizieren, aber nicht zu erklären.
Der Wissensdurst ist geweckt, jetzt gehts ab in die Expo Hall!
PS: Link zur Tweet-Studie "Everyone's an Influencer" (Yahoo Research and PDF Download) von Duncan Watts et al.