02-11-2014

Onlinemarketing-Trends 2014 − inside out

Foto Simon Bertschinger @ Webrepublic AG)

Simon Bertschinger

Je schneller sich ein Jahr dem Ende zuneigt, desto umfassender die Flut an Umfragen und Prognosen für das kommende. Wir analysieren die meistgenannten Onlinemarketing-Trends für 2014 und zeigen, welche Entwicklungen in der Welt des digitalen Marketings dieses Jahr tatsächlich relevant sind.

Onlinemarketing-Trends 2014 − inside out

Onlinemarketing-Trends 2014

Die meisten Prognosen sind toll. Sie versprechen Orientierung und bieten sich als valide Entscheidungsgrundlage für zukünftiges Handeln an. Die Kehrseite der Medaille? Nur allzu häufig stellen sich Vorhersagen als irrtümlich heraus. Besonders spektakuläre Fehlprognosen stammen von Thomas Watson (ehemaliger CEO von IBM), der 1943 voraussagte, «dass es einen Weltmarkt für vielleicht fünf Computer gibt», oder Avery Brundage (1952−1972 Präsident des Internationalen Olympischen Komitees), der 1960 prognostizierte: «Wir sind sechzig Jahre ohne Fernsehen ausgekommen und werden es weitere sechzig Jahre tun.»

Keine einfache Aufgabe

So überzeugend Prognosen auch erscheinen, sie bedürfen immer einer kritischen Einordnung. Hinsichtlich stark innovationsgetriebener, schnell wachsender Märkte gilt das ganz besonders. Onlinemarketing ist eine dieser Branchen: Suchmaschinen wie Google, Bing und Co. verändern ihre Suchalgorithmen noch häufiger als iTunes seine Datenschutzbestimmungen, Facebook feiert diese Woche gerade mal sein zehnjähriges Bestehen. Android, das mit achtzig Prozent Marktanteil beliebteste mobile Betriebssystem für Smartphones, ist erst seit etwas mehr als fünf Jahren marktfähig, YouTube steht in der Schweiz sogar erst seit April 2013 als Werbeplattform zur Verfügung. Kein Wunder sind Prognosen in dieser schnelllebigen Branche äusserst schwierig abzugeben.

Onlinemarketing 2014 − vier vermeintliche Trends

Welches sind denn nun die meistgenannten Trends für das kommende Jahr? Eine Analyse weitläufig bekannter Blogposts zum Thema «Onlinemarketing-Trends 2014» zeitigt ein wenig überraschendes Ergebnis. Die Mehrheit ist sich einig, folgende Kernthemen gewinnen an Bedeutung:

Es kann keinen Zweifel geben, diese Themen sind wichtig und können nicht als Hype abgetan werden; Social-Media- und Content-Marketing sollten eigentlich seit Jahren auf der Agenda von Marketingverantwortlichen stehen. Die Bedeutung von Responsive Design und standortabhängigen Inhalten für mobile Endgeräte sind Thema, seit der mobile Traffic im Internet signifikant zunimmt, also seit 2010. Auch dass sich der Wettbewerb im Onlinemarketing in den kommenden Monaten und Jahren weiter verschärfen wird, ist ein offenes Geheimnis.

Wer sich 2014 auf diese Themen konzentriert, macht daher sicherlich wenig falsch. Doch auch die Konkurrenz dürfte diese Themen auf dem Schirm haben. Nachhaltige Wettbewerbsvorteile lassen sich damit also kaum mehr generieren. Diesen Prognosen fehlt nämlich die Weitsicht, der mutige Blick in die Zukunft, wie ihn Thomas Watson wagte − mit der Gefahr danebenzuliegen. Selbst wenn Prognosen nur bedingt präzise künftige Entwicklungen abbilden, bilden sie doch die Grundlage für strategische Überlegungen nach dem Muster: Erweisen sich bestimmte Annahmen als richtig, tritt folgende Entwicklung mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit ein. Nur wer so denkt, kann frühzeitig einen entscheidenden strategischen Vorteil erringen.

Onlinemarketing 2014 – mit drei Themen zum Erfolg

Wer im Onlinemarketing seinen Konkurrenten auch künftig einen Schritt voraus sein will, tut also gut daran, frühzeitig neue Ideen auszuprobieren. 2014 haben folgende Themen, die noch nicht auf jedermanns Agenda stehen, klares Erfolgspotenzial.

1. Bezahlte Reichweite gewinnt in allen Kanälen an Bedeutung

Der zunehmende Fokus auf strategisches Content-Marketing und die Verbreitung der produzierten Inhalte über soziale Netzwerke und Suchmaschinen wird 2014 den Wettbewerb um Sichtbarkeit deutlich erhöhen. Gleichzeitig reduzierte Google in den letzten Jahren die Sichtbarkeit organischer Suchresultate durch Tools wie den Knowledge Graph oder die Answer Box teilweise drastisch («persönlich» Ausgabe 9/13). Rand Fishkin, ein bekannter SEO-Experte aus den USA, prognostiziert für 2014 sogar erste TestSuchergebnisseiten, die gänzlich ohne organische Links auskommen sollen. Auch wenn genau dies, wenn überhaupt, kaum über vereinzelte Tests hinausgehen wird, werden sich Googles Suchergebnisseiten auf jeden Fall weiterentwickeln. In diesem kompetitiven Umfeld wird bezahlte Werbung eine valable Möglichkeit bieten, User gezielt anzusprechen – insbesondere für Nischensuchbegriffe.

2. Youtube startet 2014 als Branding-Kanal für Unternehmen durch

Künftig wird es immer wichtiger, sich durch eine starke Marke von der Konkurrenz abzuheben, insbesondere auch durch visuelle Inhalte. Pinterest, das soziale Netzwerk zum Teilen von Bildern, war im vergangenen Jahr die am schnellsten wachsende Content-Sharing-Plattform und sorgte gemäss mashable. com bei Publishern bereits dieses Jahr für mehr Traffic als Twitter, LinkedIn, Reddit und Google+ zusammen. 2014 wird sich dieser Trend von der Markenführung durch Bilder weiter auf audiovisuelle Kanäle ausbreiten. YouTube wird daher als Branding-Kanal für Unternehmen auch in der Schweiz deutlich wichtiger werden.

3. Internationales SEO − es gibt nicht nur Google

Google dominiert die Welt des Suchmaschinenmarketings. Die ganze Welt? Nein! Einige unbeugsame Länder hören nicht auf, das Internet mit anderen Mitteln zu durchforsten. So bevorzugen beispielsweise in Russland − einem der am schnellsten wachsenden Onlinemärkte − rund 60 Prozent aller Einwohner Yandex als Suchmaschine. Auch in China − mit 618 Millionen das Land mit den meisten Internetnutzern weltweit − dominieren mit Baidu, Sogou und 360 ganz andere Player den Suchmaschinenmarkt.

Für KMU mit Kunden in der Schweiz oder auch Europa mag dies noch begrenzt interessant sein. Doch insbesondere für global ausgerichtete Unternehmen mit wachsenden Absatzmärkten in Russland, Asien oder auch Nordamerika lässt sich erfolgreiches Onlinemarketing nicht alleine über Google betreiben. China wird in den nächsten drei bis vier Jahren zum wertvollsten Markt für E-Commerce aufsteigen, auch da der stationäre Handel nicht in der Lage sein wird, das steigende Konsumbedürfnis der Chinesen zu stillen.

Die anhaltende digitale Transformation stellt also auch 2014 Marketingverantwortliche vor strategische Herausforderungen. Der erweiterte Blick auf die Onlinemarketing-Trends des Jahres 2014 – und darüber hinaus – bildet dabei eine wichtige Entscheidungsgrundlage für künftige Investitionen in einem Markt, dessen Potenzial noch lange nicht ausgeschöpft ist.

Dieser Artikel ist in Persönlich Nr. 01 / 02, 2014 erschienen.

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