10-15-2013

«Not provided»-Daten in Google Analytics: Kein Grund zur Panik

Foto Simon Bertschinger @ Webrepublic AG)

Simon Bertschinger

Wer wissen wollte, warum ein User auf seiner Website gelandet war, konnte in Google Analytics nachvollziehen, wonach der Surfer zuvor gegoogelt hatte – zumindest bis vor kurzem war das noch so. Seit Google dazu übergeht, Suchanfragen zu verschlüsseln, findet man in Analytics statt präziser Keywords schnöde «not provided»-Einträge.

«Not provided»-Daten in Google Analytics: Kein Grund zur Panik

Da Google sämtliche Anfragen verschlüsseln wird, gilt demnächst für sämtliche Keywords: «not provided». Wir erklären, warum dies nicht das Ende des Online Marketings bedeutet und welche Alternativen SEOs bereits zur Verfügung stehen.

Jüngste Entwicklungen

Der Marktführer unter den Suchmaschinen hat in den vergangenen Jahren immer wieder kleinere und grössere Änderungen an seinem Suchalgorithmus vorgenommen und damit SEO-Strategen auf Trab gehalten.

Neuste Änderungen haben nun dazu geführt, dass der Anteil an «not provided»-Traffic in den vergangenen Wochen sprunghaft angestiegen ist. Die Website http://www.notprovidedcount.com, welche Google Analytics Daten von 60 Websites misst und aggregiert, meldet aktuell rund 82% an «not provided Keywords», Tendenz weiter steigend. Was genau hat diese Zahl zu bedeuten?

 

Was ist «not provided Traffic»?

Vor rund 2 Jahren kündigte Google die Suche über Secure Sockets Layer (SSL-Verschlüsselung) an - einer Verschlüsselung der Suchanfragen von eingeloggten Usern. Das Argument: Schutz der Privatsphäre der User und zusätzliche Sicherheit bei Suchanfragen. Der Gewinn an Privatsphäre für den User ging jedoch einher mit einem Informationsverlust für Webmaster. Konnten diese bisher in Google Analytics nachvollziehen, über welche Suchbegriffe ein User auf Ihre Seite gestossen war, wurden sie jetzt mit einem tristen «not provided» abgespeist (unter diesem Begriff bündelt Google alle verschlüsselten Suchanfragen, die zu einem Besuch auf der untersuchten Website geführt haben).

Nicht von dieser Massnahme betroffen sind seit jeher Zugriffe, die über Google AdWords generiert werden. Keyword-Daten von Usern, welche über eine Werbeanzeige auf eine Website gelangen, sind also weiterhin verfügbar. Insbesondere aus der Ecke der SEO-Spezialisten wurden daher Stimmen laut, Google beabsichtige damit hauptsächlich, zahlende Werbekunden zu bevorzugen. Mehr dazu hier.

 

Auswirkungen auch in der Schweiz

Eine kurze Analyse der eigenen Website mit Google Analytics zeigt, dass sich dieser Sprung auch bei uns bemerkbar macht. Die jüngsten Entwicklungen zeigen den grössten Anstieg an «not provided»-Traffic seit dem weltweiten Roll-out im März 2012. Waren 2013 durchschnittlich 57% unseres organischen Website-Traffics verschlüsselt, sind es per Mitte Oktober bereits 76%.

Diese Entwicklung hat zur Folge, dass es in Zukunft schwieriger wird, User-Bedürfnisse im Web präzise zu erkennen und Websites und deren Inhalte auf bestimmte Keywords zu optimieren. Natürlich können weiterhin Keyword-Daten der bezahlten Suche (Google AdWords) ausgewertet werden – doch was, wenn man wissen will, welche Suchbegriffe den organischen Zugriff auf die Website dominieren?

Vier Alternativen die Daten zurückzugewinnen

1.) Google Webmaster Tools

Ein möglicher Weg, die verlorenen Daten zurückzugewinnen ist, andere Digital-Analytics-Tools zu berücksichtigen. Mit Hilfe der Google Webmaster Tools ist es weiterhin möglich, Keyword-Daten in aggregierter Form einzusehen. Unter dem Tab Search Traffic > Search Queries findet man die 2'000 wichtigsten Suchbegriffe der letzten 90 Tage. Gemäss Google decken diese bei rund 98% aller Websites 100% der relevanten Suchbegriffe ab. Zwar ist die Beschränkung auf einen Zeitraum von lediglich 90 Tagen ärgerlich, nichtsdestotrotz gewinnt man so einen Einblick in das Suchverhalten der Websitebesucher. Wer mit historischen Daten arbeiten möchte, kann dies mit einem monatlichen CSV-Export aus Google Analytics tun.

2.) Alternative Quellen analysieren (Bing, Yahoo, etc.)

In der Schweiz ist die Dominanz von Google als Datenlieferant nahezu absolut. Doch wenn es darum geht zu verstehen, anhand welcher Keywords User auf eine Website gelangen, liefern auch andere Suchmaschinen wie Bing oder Yahoo brauchbare Daten. Da der Traffic-Anteil dieser Anbieter in der Schweiz signifikant tiefer ausfällt, ist bei der Interpretation der Daten Vorsicht geboten. In anderen Ländern (USA, China, Korea u.a.), wo neben Google andere Suchmaschinen substanzielle Marktanteile halten, dürfte die Analyse alternativer Quellen durchaus brauchbare Erkenntnisse für die Keyword-Optimierung liefern.

3.) Site Search in Google Analytics

Eine weitere Möglichkeit ist der Einbau von Site Search Tracking in Google Analytics. Diese Methode liefert zwar nicht Keywords von Suchanfragen die zu einem Besuch auf der Website geführt haben, dafür aber diejenigen, welche User zur Navigation innerhalb der Website verwenden. Gleichzeitig können Site Search Daten als Indikator dafür dienen, welche Inhalte für User innerhalb der Seite zu wenig sichtbar sind. Eine prominentere Platzierung oder die generelle Überarbeitung der Seitenstruktur aus SEO-Perspektive, könnte hier für Besserung sorgen.

4.) Google AdWords Kampagnen

Weiterhin eine der besten Methoden um an reichhaltige Keyword-Daten zu gelangen ist das Aufsetzen von Google AdWords Kampagnen. Diese Variante ist jedoch mit erheblichen Kosten verbunden. Zudem kann es sein, dass Keywords welche eine Anzeige auslösen, gleichzeitig kaum organischen Traffic auf die Website bringen würden und umgekehrt, weshalb auch diese Methode mit Vorsicht genutzt werden sollte.

Seit kurzem bietet Google mit dem neuen «Paid & Organic Search Report» in Google AdWords daher die Möglichkeit, organischen und bezahlten Traffic direkt miteinander zu vergleichen.

Der Weg weg von Keywords?

SEO wird aufgrund dieser Neuerungen nicht aussterben - zumindest nicht so, wie wir SEO verstehen. Auch wenn Keyword-Daten aus Google Analytics in Zukunft schwieriger zu erhalten sind, bleiben genügend Alternativen vorhanden, um an die gesuchten Informationen zu gelangen. Durch die Beschränkung der verfügbaren Keyword-Daten ist jedoch zu erwarten, dass sich SEO wieder stärker auf einen ganzheitlichen Ansatz der Suchmaschinenoptimierung richten wird.

Betrachtet man das Thema SEO also aus einer übergeordneten Perspektive, sind die Entwicklungen sogar zu begrüssen! Unser langjähriger Ansatz, den Blick weg von einer Fokussierung auf Keyword-Rankings und einzelnen Platzierungen hin zu einer umfassenden Website-Optimierung zu richten, erweist sich auch künftig als tragfähig. Neben der richtigen Keywords sind Informationsarchitektur, technische und inhaltliche Aspekte einer Seite sowie externe Verlinkung und Einbettung im Web zu berücksichtigen.

Fazit

Letztlich gilt zu bedenken: Auch wenn Keyword-Daten weiterhin zur Verfügung stünden, dürfte eine nachhaltige SEO-Strategie nicht auf Keyword-Optimierung allein beruhen. Dank Google Carousel oder dem Autovervollständigungs-Feature verwenden User heute oftmals vorgeschlagene Suchbegriffe anstelle solcher, die ihnen vielleicht selber eingefallen wären. Mit der Personalisierung von Suchergebnissen, dem Author Rank oder auch dem Knowledge Graph kümmert sich Google heute nicht mehr bloss um Inhalte und deren Verlinkung, sondern um das «Big Picture» rund um ein Thema.

In Zukunft wird es also nicht mehr darum gehen, Traffic aus einzelnen Keywords zu generieren, sondern vielmehr dieses «Big Picture» abzubilden und Google zu zeigen, dass eine Website ein relevanter und einladender Ort für eine definierte Zielgruppe ist. Dazu gehören neben herausragenden Inhalten auch technische Aspekte: Site-Speed, nutzerfreundliche Navigation und eine klare Seitenstruktur.