Mit dem Smartphone lässt sich eine Reise nicht nur planen sondern auch buchen. Unsere fiktive Reise zeigt, wie weit man mit dem Smartphone in der Schweiz kommt.
Illustration: Alessandra Angelucci - Internet und Tourismus
Ich starte in Zürich – mit einer Enttäuschung: Die Website von Zürich Tourismus ist noch nicht für mobile Geräte optimiert. Zwar finde ich einen Hinweis auf eine neue Webseite im Beta-Stadium, aber ich bin nicht in Laborratten-Stimmung. Als ich schon aufgeben will, überrascht mich Google Now mit einem guten Vorschlag: Besuche den Zoo Zürich.
Der Zoo weist mich direkt beim Eingang auf eine App hin. Dank ihr navigiere ich zielsicher durch das Gelände, und erfahre viel über die Tiere – das Gedränge um die kleinen Infotafeln gehört der Vergangenheit an. So gerne ich länger bei den Faultieren verweilen würde, ich muss weiter; Basel ruft. Das Zugbillett löse ich per SBB-App und während ich Richtung Basel gleite, lade ich mein Smartphone an einer der vielen Steckdosen auf. Zeit, mein frühes Abendessen zu planen.
Die Entscheidung fällt mir leicht: «Zum Braunen Mutz» soll es werden; das Lokal wir auf Yelp mit 4.0/5.0 Sternen bewertet und acht meiner Foursquare-Freunde haben das Lokal auch schon besucht; die Tipps, die sie auf Foursquare hinterlassen haben, helfen mir beim Aussuchen meines Abendessens.
Altstadtwohnung für eine Nacht
Soll ich die Nacht in Basel verbringen? Die Website von Basel Tourismus hilft nur bedingt: Zwar finde ich mit meinem Smartphone eine ansprechend gestaltete Seite, allerdings wird mir aus unerfindlichen Gründen der Text auf Japanisch angezeigt, ändern kann ich das irgendwie nicht.
Wenn schon Fremdsprachen, dann eine, die ich verstehe. Ich beschliesse, nach Genf zu fliegen. Auf der ausgezeichneten mobilen Seite der Swiss finde ich leider keinen passenden Flug – nicht ganz überraschend – wer will schon von Basel nach Genf fliegen? Ich! und bei Kayak werde ich denn auch fündig: eine (indirekte) Flugverbindung, ist schnell und unkompliziert gebucht.
Während ich am Gate auf meinen Abflug warte, organisiere ich eine Bleibe in Genf. Auf Airbnb finde ich eine hübsche kleine Wohnung mitten in der Altstadt. Die Anfrage ist schnell gestellt, die Bestätigung erreicht mich noch bevor ich das Flugzeug besteige.
Der Vermieter empfiehlt mir auch gleich noch eine Bar für meinen wohlverdienten Absacker. Ein Blick auf Facebook verrät mir, fünf meiner Genfer Freunde kennen und mögen die Bar – ich weiss genau, wo ich mir einen Gin Tonic gönnen werde.
Wetterglück im Süden
Der Morgen danach. Ein ausgiebiges Frühstück lacht mich an, das Wetter tut es ihm leider nicht gleich. Ich beschliesse, mein Wetterglück im Tessin zu suchen und buche einen Fernbus nach Lugano. Auf das Angebot stosse ich über eine AdWords-Anzeige.
Ich will es mir gut gehen lassen im Süden, suche also auf Tripadvisor nach Top-Hotels. Online-Buchungen sind mittlerweile Standard auf Hotel-Webseiten, Design und Vermarktung geniessen aber offenbar weiterhin niedrige Priorität. Nur selten sehen die Seiten ansprechend aus und nur eine kleine Minderheit ist für Smartphones optimiert.
Am Schluss entscheide ich mich für das Albergo Stella Hotel – die Bewertungen sind gut, die Aufmachung der Webseite ist ganz in Ordnung (sogar responsive!). Allein für die Buchung muss ich dann doch noch auf booking.com ausweichen.
Am nächsten Tag will ich wieder gen Norden reisen und erkundige mich daher auf Twitter nach besonders schönen Zugstrecken. Die Bernina-Express-Route wird mir wiederholt ans Herz gelegt. Nicht nur die Strecke ist ein Highlight, auch die Webseite von MySwitzerland zu dieser Route überzeugt: eine gute Mischung aus Information und Unterhaltung bietet echten Mehrwert.
Die Wetterböcke-App von Graubünden Ferien kündigt wunderbares Wetter in Chur an («Wenn miar zwei Sunna hätten, wäris doppld so hell!»). Also beschliesse ich, spontan einen Zwischenstopp einzulegen. Mit der Wanderkarte von SwitzerlandMobility finde ich schnell eine passende Wander-Route für den Nachmittag.
Kontext für Touristen
Auf meiner spätabendlichen Zugfahrt nach Zürich denke ich über das digitale Angebot der Tourismusbranche nach: Es gibt viele gute Ansätze und Kampagnen, welche das Reisen vereinfachen und bereichern. Aber es gibt auch noch viel Potenzial.
Reisende wollen ihre Erlebnisse teilen, in Echtzeit Attraktionen in ihrer Umgebung entdecken und spontan Angebote buchen können. Gutes digitales Marketing berücksichtigt den Kontext (Ort, Uhrzeit, Wetter etc.) eines Touristen und richtet Marketingmassnahmen daran aus. Vor diesem Hintergrund sind «Local», «Social» und «Mobile» keine Buzzwords, sondern Bausteine, die in jede Marketing-Strategie gehören.
Dieser Artikel ist im Persönlich Nr. 07, 2014 erschienen.
Download PDF-Datei:
[de] persoenlich 07 2014 digitaler tourist (155.45kB)