Google kündigte kürzlich an, keine Third-Party-Cookies oder ähnliche Frameworks zu verwenden, mit denen einzelne Nutzerinnen und Nutzer identifiziert werden können. Diese Ankündigung hat die sich schnell ändernden rechtlichen und technologischen Rahmenbedingungen des digitalen Marketing erneut in den Mittelpunkt gerückt. Im Wesentlichen setzt Google darauf, dass neue, stärker auf den Datenschutz ausgerichtete Webbrowser-Funktionen die Third-Party-Cookies für Werbemassnahmen ersetzen können. Das betrifft unter anderem den Einsatz von Remarketing oder die Conversion-Messung. Wir geben einen Überblick über Wege, den «Zerfall» der Cookies zu handhaben.
Google veröffentlichte einen Post in seinem Ads & Commerce Blog, der in der Welt des digitalen Marketings für Aufruhr sorgte. Darin betonte Google einmal mehr, dass sie Third-Party-Cookies in Chrome auslaufen lassen werden, und dass sie keine Alternative für das Tracking und Targeting einzelner Nutzer suchen.
Kurz gesagt: Die meisten, wenn nicht sogar alle Browser werden in naher Zukunft das Lesen und Schreiben von Cookies in einem Third-Party-Kontext («Third-Party-Cookies») nicht mehr erlauben. Das bedeutet, dass nur noch Cookies der aktuellen Domain verfügbar sein werden. Unter anderem werden dadurch Remarketing und Retargeting nicht mehr wie bisher durchführbar und der Bereich der Conversion-Messung wird vor neue Herausforderungen gestellt.
Was wird geschehen
Googles Lösung ist die «Privacy Sandbox», eine Sammlung neuer Technologien und Frameworks. Nachfolgend listen wir die drei wichtigsten Anwendungsfälle auf, die aktuell von der «Privacy Sandbox»-Initiative betroffen sind. Einen vollständigen Überblick bietet der Blogbeitrag «Digging into the Privacy Sandbox».
Interessenbasiertes Targeting
Interessenbasiertes Targeting umfasst die Anwendungsfälle, bei denen ein Werbetreibender seine Botschaft an eine Gruppe von Personen mit einem gemeinsamen Interesse ausspielen möchte (bei Google-Produkten auch als «Affinity Targeting» bezeichnet). Ein Beispiel ist ein Schuhhersteller, der auf Wanderer zugeschnittene Werbung schalten möchte.
Die «Privacy Sandbox»-Antwort darauf ist ein Mechanismus namens «Federated Learning of Cohorts (FLoC)». Er stützt sich auf eine neue Browserfunktion, die einen Nutzer basierend auf dessen besuchten Websites einer spezifischen Kohorte zuordnet. Die Hauptmerkmale von FLoC sind, dass alle Berechnungen lokal stattfinden. Das heisst, dass der geräteinterne Browserverlauf zu keiner Zeit versendet wird – und dass diese Kohorten ausreichend gross sind, um individuelle Daten effektiv in der Masse verschwinden zu lassen.
Interaktionsbasiertes Targeting
Dies umfasst die Anwendungsfälle, in denen ein Werbetreibender Nutzern, die vorgängig mit einer Anzeige, dem Anzeigenetzwerk oder der Website des Werbetreibenden interagiert haben, spezifische Anzeigen zeigen will. Es umfasst hauptsächlich die klassischen Aktivitäten des Remarketing/Retargeting.
Die «Privacy Sandbox» adressiert dies mit verschiedenen Technologien der Kategorien «TURTLEDOVE» und «FLEDGE». Ähnlich wie bei FLoC besteht das Hauptkonzept darin, dass das Wissen darüber, zu welchen Ziel-/Interessensgruppen ein bestimmter Nutzer gehört, sich innerhalb des Browsers befindet und während des Biddings nicht mit Drittparteien geteilt wird. Zudem wird auch die Impression-Time-Auktion selbst im Browser stattfinden. Während des gesamten Prozesses erhalten weder der Betreiber noch der Werbetreibende Informationen zu einem einzelnen Nutzer.
Conversion-Messung und aggregiertes Reporting
Um ihre Marketingbudgets so effizient wie möglich einsetzen zu können, benötigen Werbetreibende aussagekräftige Daten zu ihren Kampagnen. Diese Messungen basieren aktuell oft auf Third-Party-Cookies oder stellen zumindest Informationen über einzelne Nutzer bereit. Damit die Anforderungen der Werbetreibenden mit dem Schutz von Nutzerdaten in Einklang gebracht werden können, werden im Rahmen der «Privacy Sandbox» zwei neue Frameworks vorgeschlagen.
Das Erste ist die «Click Through Attribution Reporting API». Deren Zweck ist die präzise Messung von Conversions, die aus einem Klick auf eine Anzeige resultieren. Eine nennenswerte Funktion ist dabei unter anderem die Entkoppelung der Information zum Klick, die der Betreiber hat, von der Information zur Conversion auf der Website des Werbetreibers. So wird es zum Beispiel nicht möglich sein, einen genauen Conversion-Wert zu melden, weil dadurch ein einzelner Klick einer spezifischen Conversion zugeordnet werden könnte.
Das zweite neue Framework befasst sich mit den für die Durchführung von Kampagnen wertvollen aggregierten Informationen, insbesondere im Hinblick auf Reichweite oder View-Through-Conversions. Der entsprechende Vorschlag heisst «Aggregated Reporting API» und folgt denselben Designrichtlinien, mit dem Hauptmerkmal, dass nicht auf Informationen über einen einzelnen Nutzer zugegriffen werden kann, während jedoch weiterhin sensible Daten an den Werbetreibenden geliefert werden können.
Was muss ich tun
Google wird die oben beschriebenen Funktionen nach und nach in Chrome ausrollen, um die Tauglichkeit dieser Ansätze zu überprüfen. Sobald eine signifikante Anzahl Browser ihre Unterstützung meldet, erwarten wir, dass die Funktionen die bestehenden Targeting- und Messstrategien über die nächsten Jahre langsam ersetzen werden.
Daraus resultieren in Zukunft wesentliche Änderungen in der Art und Weise, wie Werbetreibende ihre Websites bezüglich Remarketing und Conversion-Messungen taggen müssen. Es ist allerdings noch zu früh, um zu wissen, wie genau diese Migration aussehen wird. Zu erwarten ist, dass Websites, die mit gtag.js oder dem Google-Tag-Manager bereits Googles Website-Tagging-Technologien verwenden, weniger Arbeit haben werden, als Websites, die noch Legacy-Technologien oder Tag-Management-Frameworks anderer Anbieter verwenden.
Mögliche Massnahmen sind:
- In die Strategie investieren: In der Vergangenheit war es in der Industrie üblich, viel Zeit und Energie in komplexe Targeting- und Tracking-Pläne zu investieren, die jedoch häufig nicht zu einer Verbesserung der Resultate führten. Digitales Marketing sollte ein strategischer und grundlegender Teil aller Kommunikationsaktivitäten werden und weniger taktisch sein.
- In Kreatives investieren: Da gewisse Targeting- und Tracking-Optionen verschwinden werden, ist nun ein grossartiger Zeitpunkt, das Kreative ernster zu nehmen. Werbung, die sich auf die Markenaussage, die Art und Weise der Nutzerinteraktion mit Onlineinhalten, und die spezifischen Eigenschaften der Kanäle und Formate konzentrieren, werden mehr auffallen und folglich gewinnen.
- Digitale KPI überdenken: Sind die Klicks und Conversions, die wir messen, wirklich die besten Indikatoren für den Geschäftserfolg? Gibt es relevantere Kennzahlen, die wir berücksichtigen müssten? Während wir für die Optimierung weiterhin auf Leistungsdaten der Plattformen vertrauen können, müssen wir auch die breiteren Auswirkungen verstehen, die das digitale Marketing auf die Geschäftsziele unserer Kunden hat. Das bedeutet: Korrelationen digitaler KPI mit Geschäftskennzahlen testen, bessere Integration digitaler Massnahmen in die Marktforschung, Umsatzzuwachs durch geobasierte Experimente erkennen, Marketingmix-Modelle usw.
- Wo möglich in aussagekräftigere Mess-Optionen investieren, die First-Party-Daten wie Customer Match (Google, Facebook) verwenden.
- Vermehrt auf Privacy-Safe-Targeting setzen: Der Wert und die Qualität von First-Party-Daten wird steigen und cookiefreies, kontext-, ort-, zeit- und gerätebezogenes Targeting wird ebenfalls an Bedeutung gewinnen.
- Statistische Modellierung nutzen: Dank der Fortschritte des maschinellen Lernens können viele Datenpunkte im digitalen Marketing statistisch und verlässlich modelliert werden. Werbetreibende erhalten dadurch wertvolle Informationen zu Conversion-Tracking, Audience Building und Frequency Capping, ohne die Privatsphäre von einzelnen Nutzerinnen und Nutzern zu kompromittieren.
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