02-27-2015

Digital Marketing im Auto: Androide im Armaturenbrett

Foto Simon Wüthrich @ Webrepublic AG)

Simon Wüthrich

Google und Apple steigen in den Automarkt ein. Vorläufig nicht mit selbstfahrenden Kleinstwagen oder aus Aluminium gefrästen Edelkarossen, dafür mit ihren Betriebssystemen. Mit CarPlay nistet sich Apple, mit Android Auto Google in Armaturenträgern ein. Was bedeutet das für Digital Marketer?

Digital Marketing im Auto: Androide im Armaturenbrett

Illustration: Alessandra Angelucci - Digital Marketing im Auto: Google und Co erobern das Armaturenbrett.

Google und Apple erobern ein neues Feld: Das Auto. Mit von der Partie sind über 40 grosse Autohersteller, darunter Nobelmarken wie Ferrari oder Bentley und Massenhersteller wie Ford oder GM. Was bedeutet es für Autofahrer, wenn Autohersteller den Giganten eine Schnittstelle öffnen? Schauen wir uns exemplarisch Android Auto an.

Navigation, Unterhaltung, Kommunikation

Das System bieten dem Nutzer Unterhaltung (Musik und Podcasts), leistungsfähige Navigation, und Kommunikation (Telefon und Messaging) im vertrauten Design. Für Android Auto hat Google Material Design vorbildlich umgesetzt – wer sich an das Design von Android Phones gewöhnt hat, wird sich mit Android Auto wohlfühlen. Wie von Smartphones bekannt, werden Apps die grundlegenden Funktionen ergänzen - Denkbar sind interaktive Reiseführer, Service-Apps von Autoherstellern oder -garagisten.

Mit Blick auf Suchmaschinenmarketing: Warum sollen Digital Marketer sich für diese Entwicklung interessieren? Weil hier ein spezifischer Kontext entsteht, in welchem sie ihre Zielgruppen ansprechen können. Dabei gilt es zwei spezifische Herausforderungen zu beachten: Wir verfügen über zusätzliche implizite Informationen, die genaueres Targeting erlauben und wir müssen unsere Botschaft inhaltlich und formal dem Kontext anpassen. Weiter müssen wir differenzieren zwischen der User Experience im stehenden und jener im fahrenden Auto.

Suche im stehenden Auto

Ersteres Szenario wird sich hinsichtlich der User Experience kaum von der Suche mit einem Mobiltelefon unterscheiden. Neben den organischen Treffern wird wohl auch ein bezahlter Suchtreffer angezeigt werden. Bei der Gestaltung dieser Suchwerbung wird Google grösste Zurückhaltung üben. Werbung, die als störend oder irrelevant empfunden wird, wird auch im Auto nicht lange überleben. Erste inoffizielle Screenshots lassen vermuten, dass Google an einer entsprechenden Lösung arbeitet.

User werden die Suche nutzen, um Einkaufszentren, Restaurants, Hotels etc. auf Google Maps zu finden. Nun ist beispielsweise die Restaurantsuche mit Google nichts Neues, das kennen wir bereits von unserem Smartphone. Wenn ich aber mit dem Auto unterwegs bin, interessiere ich mich für ganz spezifische Informationen: Gibt es in meiner Nähe eine Pizzeria, in deren Umgebung noch Parkplätze frei sind? Solche zusätzlichen Informationen werden die Entscheidungen von Autofahrern beeinflussen.

Suche im fahrenden Auto

Anders sieht die Sache im fahrenden Auto aus. Erstens verfügt ein Marketer gegenüber der normalen Suche über zusätzliche implizite Informationen, zum Beispiel zum Zustand des Autos oder der Situation des Fahrers. Zweitens wird Android Auto anders mit dem Fahrer interagieren. Es steht zu vermuten, dass die User-Experience eher Google Now, denn der regulären Google Suche ähneln wird.

Stellen wir uns also vor, dass Android Auto mich daran erinnert, dass der Akku meines Elektroautos zu 85% leer sei – und eine Tankstelle um die Ecke 20% Rabatt auf eine Express-Ladung gewährt. Auf längeren Autobahnfahrten könnte ich mich eventuell für Angebote von Raststätten interessieren. Nach zwei Stunden ununterbrochener Fahrt könnte mich mein Auto fragen «Wie wär’s mit einem Cappuccino? Übrigens, das Gipfeli dazu gibt’s bei der nächsten Marché-Filiale heute umsonst.» Das ist relevante Werbung.

Android Auto wird mich also auf Angebote aufmerksam machen, noch bevor ich gezielt nach Produkten oder Dienstleistungen zu suchen begonnen habe – genau so, wie es mit Google Now auf dem Smartphone bereits heute funktioniert.

Fazit

Steht Pre-Roll Ad künftig dafür, dass ich erst ein Werbevideo anschauen muss, bevor ich losfahren kann? Sicher nicht. Google und andere Anbieter werden mit ziemlicher Sicherheit Bedürfnisse und Gewohnheiten der Autofahrer genau kennen und dementsprechend zur richtigen Zeit Dienstleistungen oder Produkte anpreisen. Besonders interessant wird das für Betreiber von Hotels, Restaurants, Raststätten, Autowerkstätten oder touristischer Attraktionen.

Das alles wird freilich nur funktionieren, wenn a) relevante Informationen zu Produkten und Dienstleistungen korrekt strukturieren und aktuell sind sowie b) zusätzliche implizite Informationen für das Targeting genutzt werden. Die Zielgruppe soll schnell und einfach relevante Informationen erhalten. Dieses Ideal digitalen Marketings gilt im Auto erst recht.

PS: Hier gibt's ein Video der Android Auto-Präsentation.