Neues Jahr, neue Ziele, auch in Sachen Content Marketing. Wie aber soll die Qualität von Inhalten definiert und damit Erfolgsmessung überhaupt möglich werden?
Wir haben die erfolgreichsten Webrepublic Blogposts von 2013 analysiert und zeigen davon ausgehend, wie man Erfolgsmessung im Content Marketing auf die nächste Ebene bringt.
OH: “That’s not a KPI. That’s an FYI.” I’m going to start using that. #measure
— Tim Wilson (@tgwilson) 17. Januar 2014
Zahlreiche Metriken reflektieren die Qualität von Inhalten und damit den Erfolg von Content Marketing, zumindest auf dem sprichwörtlich geduldigen Papier. Populär sind Page Views, Bounce Rate, Time on Site, Pages per Visit oder die Anzahl Likes und Shares eines Artikels in sozialen Netzwerken. Die meisten dieser Kennzahlen lassen sich in Google Analytics zwar ohne weiteres anzeigen, bei genauerer Betrachtung erlauben sie jedoch nur sehr wage Aussagen über die Qualität von Inhalten und die Zufriedenheit der Nutzer. Diese Metriken als geschäftsrelevante KPIs (Key Performance Indikatoren) zu definieren und Content Marketing Massnahmen danach auszurichten, ist nicht zielführend.
2012 vs. 2013 - der kritischer Rückblick auf eigene Vorsätze
Vor einem Jahr haben wir in einem kurzen Content Marketing Rückblick die Aktivität auf unserem Blog analysiert und daraus Ziele für 2013 abgeleitet. Obwohl wir die ganze Sache einfach und unkompliziert hielten, unproblematisch war das Vorgehen nicht. Eine kritische Betrachtung der damaligen Learnings zeigt warum.
Learning Nr. 1 für 2013: Verhältnis von englisch- gegenüber deutschsprachigen Artikeln in Zukunft auf ein Niveau von mindestens eins zu vier steigern!
Dieses Learning basierte auf der Messung der Anzahl Unique Visitors im Jahr 2012, aufgeteilt nach der Spracheinstellung ihres Browsers. Die Analyse von 2012 zeigte rund 4’000 Besucher, 75% davon mit deutschsprachigem Hintergrund 22% mit englischer Spracheinstellung des Browsers. Im Jahr 2013 hat sich die Zahl der Besucher mehr als verdoppelt, der Anteil deutschsprachiger User liegt jedoch nur noch bei 55%. Das für dieses Jahr gesteckte Ziel, durch mehr englischsprachige Blogposts ein internationaleres Publikum zu erreichen, wurde also definitiv erreicht.
Learning Nr. 2 für 2013: Verhältnis von Mobile- zu Desktop-Zugriffen beobachten!
Die Zahl mobiler Zugriffe auf Bloginhalte veränderte sich im Vergleich zum Vorjahreszeitraum tatsächlich überproportional. Während 2011 noch 89% und 2012 87% aller Zugriffe via Desktop erfolgten, lag der Anteil stationärer Besucher im vergangenen Jahr nur noch bei 79%. Die Beobachtung des Anteils mobiler Besuche als KPI unterstützte die Entscheidung, die Website 2014 insbesondere für mobile User zu optimieren.
Learning Nr. 3 für 2013: Identifikation relevanter Themen für 2013 ist von zentraler Bedeutung. Sehr beliebt scheinen technische Themen und spezifische Artikel zu verschiedenen Online Marketing Tools.
Solche und ähnliche Aussagen basieren meist auf der Messung der Anzahl Page Views pro Post. Das Problem dabei? Man versucht anhand von Page Views festzustellen, an welchen Themen die Leser interessiert sind. Eine hohe Anzahl Page Views pro Besuch kann jedoch gleichzeitig gut sein (der Artikel ist so gut, dass User sich gleich noch für weitere Beiträge interessieren), als auch schlecht (die Seite ist so schlecht, dass ein User sechs Artikel öffnen muss, bis er das richtige findet).
Um die bestehende Informationslücke zu schliessen und die Qualität der Visits eindeutig zu bestimmen, wird in diesem Fall meist Time on Site, also die Zeit die ein User auf einer Seite verbracht hat - als KPI erhoben. Damit lässt sich beispielsweise feststellen, dass User dieses Blogs auf der Übersichtsseite www.webrepublic.ch/blog/ durchschnittlich 20% weniger Zeit verbringen als in den einzelnen Artikeln oder der Beitrag «How Tesla is disrupting the car industry marketing-wise» rund doppelt so lange betrachtet wird wie andere – ob’s an den vielen Bildern liegt?
Auch hier gibt es gleich mehrere Gründe, weshalb sich diese Kennzahl nicht als KPI, sondern eher als ex-post Instrument für die Content-Planung eignet. Zum einen besteht kein Mass dafür, welcher Wert überhaupt als «gut» bezeichnet werden kann - es existiert also kein eigentliches Ziel zur Optimierung. Zum anderen kann Google Analytics den Wert Time on Site für die zuletzt aufgerufene Seite nicht ohne weiteres berechnen, ebenso falls der User nur eine einzige Seite besucht und anschliessend wieder verlässt (mehr dazu hier). Insbesondere bei Blogs lesen User jedoch oft nur einen einzigen Artikel und verlassen danach die Seite wieder. So weiss man also nicht, ob ein User nur zwei Sekunden oder 17 Minuten auf der letzten Seite verweilte.
Mit starken KPIs die richtigen Anreize setzen
Welche Kennzahlen sind denn aber nun die wichtigsten für Content Marketer?
1.) Loyalität und Besuchsfrequenz
Anstelle von Page Views und Visits sollte der Fokus bei einem Blog auf langfristiger Erfolgsmessung liegen. Also sollte sich der Content Marketer fragen: Kommen meine Leser wieder? Wer das wissen will, achtet idealerweise auf die Kennzahlen Frequency und Recency.
- Beispiel Frequency: Sie updaten ihr Blog wöchentlich. Demnach sollten 100% loyale Besucher 4-5x pro Monat vorbeischauen. Ist das der Fall? Idealerweise vergleicht man dabei verschiedene Zeiträume miteinander. Nur so lässt sich feststellen, ob über die Zeit loyale Leser gewonnen werden konnten und sich die täglichen Anstrengungen des Content Marketers letztlich gelohnt haben.
- Beispiel Recency: Wie lange ist die Zeitspanne zwischen zwei Besuchen eines Users? Das Ziel von Seiten wie nzz.ch oder srf.ch dürfte hier wohl täglich sein - im Falle eines Corporate Blogs wie diesem, wären je nach dem alle 8-14 Tage ein gutes Ziel. Was bedeutet es für ihre Website, wenn 75% aller Besucher Monat für Monat neu bei ihnen landen? Was muss sich ändern, damit diese Zahl weiter sinkt und Besucher häufiger wiederkehren?
2.) Interaktionsrate
Die blosse Anzahl von Likes, Fans und Follower zu messen, führt zu kurzfristigen, falschen Anreizen. Würden sich alle ausschliesslich an diesen Grössen orientieren, würden über kurz oder lang nur noch Katzen- oder Justin-Bieber-Fotos publiziert, die anscheinend unendlich viele Likes generieren. Kurzfristig mag dies ja interessant sein - mittel- bis langfristig wird man damit wenig Erfolg haben. Worauf es eigentlich ankommt ist, was nach der Veröffentlichung geschieht: Konnte Aufmerksamkeit generiert werden? Sind Follower bereit, den Inhalt zu teilen oder kommentieren? Mit einem holistischen Ansatz die Interaktionen pro Artikel zu messen, setzt viel eher den richtigen Fokus. Wer auf das Zusammenspiel zwischen der Anzahl Kommentare (=Conversation rate), Shares (=Amplification rate), Likes und Favoriten (=Applause rate) achtet, hat die Bedürfnisse seiner Leser im Auge. Das ist die beste Voraussetzung, um relevanten Content zu publizieren und dadurch die Beziehung zu Kunden zu stärken und Mehrwert für das Unternehmen schaffen. Zudem können KPIs auch Content-spezifisch betrachtet werden: Soll ein Artikel shares oder Kommentare generieren, kurzfristig hohe Interaktion erzeugen oder langfristig tiefe aber konstante Interaktion? Je nach Antwort auf diese Frage variieren auch die KPIs zur Erfolgsmessung. Weitere Insights zu den besten Social Media KPIs finden sich hier.
3.) Zufriedenheit des Users
Die durchschnittliche Zeit die ein User auf einer Seite verbringt, sagt nur indirekt etwas über dessen Zufriedenheit mit dem Inhalt aus. Neben den bereits genannten Einschränkungen kommt hinzu, dass sich nicht feststellen lässt, wie dieser Durchschnitt genau zustande kommt. Den User direkt zu fragen, ob er mit dem gelesenen zufrieden ist und die für ihn relevante Frage beantwortet werden konnte ist dagegen ein Ansatz, der den Puls des Lesers unmittelbar spürbar macht und es ermöglicht, auf seine Bedürfnisse einzugehen. Mit der Einblendung einer solchen Frage, sobald der User am Ende eines Posts angelangt ist, könnte die Zufriedenheit schlüssig eruiert werden. Das ist definitiv eine Idee, die es für das kommende Jahr zu prüfen gilt.
Fazit
Letztlich geht es nicht darum, ab sofort komplett auf Daten wie Visits, Time on Site oder Bounce Rate zu verzichten. Diese Grössen sind unter Berücksichtigung des Kontext und der genannten Einschränkungen durchaus valide Metriken und können weiterhin nützliche Hinweise liefern. Sie jedoch als KPIs zu betrachten und Content Marketing Massnahmen entsprechend daraufhin zu optimieren, würde langfristig das Ziel verfehlen. Oder wie es Avinash Kaushik ausdrückt: «You become what you measure, so why not solve for what actually matters?»