06-19-2023

Search 2023 – wie suchen wir in Zukunft?

Adrian Wenzl

Director Performance Marketing

Die Entwicklung von Generative AI hat Auswirkungen auf die Art und Weise, wie wir im Internet nach Informationen suchen. Kritische Stimmen sehen bereits die Vorreiterposition von Google als Suchmaschinenanbieter in Gefahr. Doch Generative AI wird klassische Suchmaschinen nicht ablösen, sondern verändern. Um diese Umbrüche erfolgreich zu meistern, müssen Marketer:innen langfristig umdenken. Im Interview gibt unser Director Performance Marketing Adrian Wenzl einen Überblick über den aktuellen Stand der Entwicklung und ordnet sie ein.

Der Tod der klassischen Search-Funktion wurde schon oft vorhergesagt, z. B. mit dem Launch von Voice-Technologien wie Alexa oder Siri. Ist es jetzt so weit? 
Menschen werden immer nach Informationen suchen. Deswegen wird Search nicht sterben, sondern sich verändern, intuitiver und multidimensionaler werden. Auch wenn es aktuell viel Kritik und Unsicherheit gibt: Generative AI ist nicht ausschliesslich gut oder schlecht, sondern hat wie jede neue Technologie gleichermassen Vor- und Nachteile. Sie wird sukzessive ihren Platz in unserem Alltag finden, der sich mit technologischen Fortschritt verändern wird – so wie er das bisher immer getan hat. 

Wie unterscheidet sich Chat GPT von anderen Search-Innovationen? 
Generative AI beantwortet nicht einfach Fragen, sondern denkt einen Schritt weiter. Sie leitet aus der Datenanalyse ab, welche Fragen für die Suchenden noch relevant sein können, und antizipiert, was als Nächstes gefragt werden könnte. Die Antworten werden basierend auf Algorithmen und Statistiken Wort für Wort gebildet. Daraus entstehen Wortfolgen, Sätze und schliesslich komplette Texte. Stand heute sind diese bereits auf einem sehr hohen Niveau und werden sich zukünftig noch weiter verbessern. Dennoch besteht heute und auch zukünftig die Gefahr, dass die Antworten sinnfrei oder gar falsch sind. Aus diesem Grund müssen die generierten Inhalte stets kritisch hinterfragt werden.

Wer sind aktuell die wichtigsten Player auf dem Markt für Generative AI? Ist die Marktführerschaft von Google in Gefahr?
OpenAI ist mit Chat GPT der Benchmark für Generative AI. Google hat mit Projekten wie DeepDream, das künstlerische Bilder auf der Grundlage von Aktivierungen neuronaler Netze erzeugt, und WaveNet, einem generativen Modell für Sprachsynthese, bedeutende Beiträge zur Entwicklung von Generative AI geleistet. Die Google-Tochter DeepMind hat ebenfalls bemerkenswerte Modelle wie AlphaGo und AlphaFold entwickelt. Ausserdem treibt Google mit dem Launch von Google Bard die multidimensionale Suche voran. Auch Microsoft hat die kürzlich gelaunchte Bing-Chat-Funktion mit Generative AI verknüpft. Baidu, Chinas grösste Suchplattform, hat Ernie Bot herausgebracht, das chinesische Äquivalent zu Chat GPT. Grundsätzlich steigt die Konkurrenz stetig, weil viele neue Unternehmen auf den Markt drängen.

Wie suchen wir in Zukunft nach Informationen?
Zuerst: kritisch! Da unklar ist, aus welchen Quellen Generative AI Antworten generiert, müssen Informationen stärker denn je hinterfragt und sorgfältig verifiziert werden. 

Und dann: intuitiv. Mit der Integration von Generative AI funktionieren Suchmaschinen in Zukunft mehr wie Unterhaltungen. Das Zauberwort ist Natural Language Processing. Algorithmen zur Verarbeitung natürlicher Sprache ermöglichen es Suchmaschinen, die Absicht hinter den Nutzeranfragen zu verstehen, anstatt sich nur auf Schlüsselwörter zu verlassen. Statt nach Automodellen einer bestimmten Marke zu suchen, fragen Nutzer:innen, was sie bei einem Familienauto beachten sollten. Darauf antwortet die Suchmaschine dann direkt in der Suche – ähnlich wie ein Chatbot. Nutzer:innen können direkt mit der neuen AI-Technologie kommunizieren und weitere Fragen stellen, z. B. ob ein Elektroauto als Familienkutsche in Frage kommt.

Ausserdem wird die Suche stärker personalisiert. Durch die Analyse von Nutzerdaten können KI-Algorithmen massgeschneiderte Suchergebnisse und Empfehlungen liefern und so das Sucherlebnis und die Relevanz der präsentierten Informationen insgesamt verbessern.

Welche Konsequenzen hat der verstärkte Einsatz von Generative AI für Suchmaschinenmarketing?
Bereits jetzt ist Werbung, z. B. im Bing Chat, eingebunden. Langfristig werden neue Werbeformate auf uns zukommen, die an die Charakteristiken von AI unterstützter Suche angepasst sind. Google hat bei der Präsentation von Bard schon eine Preview gezeigt, wie Paid Ads in die SERP integriert werden. Der AI-generierte Content steht oben auf der Seite, Paid Ads werden darunter und auf der rechten Seite angezeigt. Es ist denkbar, dass die Einbindung der Anzeigen in AI generierten Content zu einem verstärkten Engagement des Users führen und die Journey zur Conversion signifikant verkürzen.

Da die Suche stärker personalisiert wird, werden auch das Targeting und die Personalisierung von Ads immer genauer. Generative AI kann Suchmaschinen dabei helfen, grosse Mengen an Nutzerdaten zu sammeln und zu analysieren, um individuelle Vorlieben und Verhaltensweisen besser zu verstehen. Das ermöglicht eine noch präzisere Ausspielung und Personalisierung von Anzeigen – am richtigen Ort, zur richtigen Zeit und an die richtige Zielgruppe. Suchmaschinen können Muster und Trends im Nutzerverhalten erkennen, so dass Werbetreibende ihre Werbung effektiver anpassen können. Passenderweise unterstützt Generative AI dann auch gleich bei der Erstellung von kreativen Assets wie Headlines und Bildern.

«Klar, der Einsatz von generativer KI in der digitalen Werbung ist nicht nur rosig, sondern wirft auch Fragen auf. Der Schutz persönlicher Daten ist kritischer als je zuvor.»

Adrian Wenzl

Director Performance Marketing, Webrepublic AG

Das klingt nach vielen Chancen. Wie schätzt du die Risiken ein?
Klar, der Einsatz von generativer KI in der digitalen Werbung ist nicht nur rosig, sondern wirft auch Fragen auf. Der Schutz persönlicher Daten ist kritischer als je zuvor. 

Werbetreibende und Suchmaschinen müssen die Verwendung von AI-Algorithmen für das Ad-Targeting und die Personalisierung transparent machen. Nutzer:innen müssen kontrollieren können, ob und welche Daten gesammelt und für das Ad Targeting verwendet werden. Ausserdem müssen Fairness und Inklusivität sichergestellt werden. Dafür sind Algorithmen nötig, die diskriminierendes oder voreingenommenes Targeting vermeiden.

Welche Schritte sollten Werbetreibende unternehmen, um für die Zukunft des Suchmaschinenmarketings gewappnet zu sein?
Embrace the change. Die Einführung von Generative AI in Suchmaschinen wird zu Verschiebungen in der digitalen Werbelandschaft führen. Werbetreibende müssen ihre Strategien und Ansätze anpassen, um von den neuen Möglichkeiten zu profitieren. Es ist anzunehmen, dass wir eine Verhaltensänderung in der “Suche” sehen werden. Folge-Suchen werden vereinfacht und die generierten Resultate bauen auf vorangegangenen Suchen auf. Es ist darum denkbar, dass die Customer-Journey bis zur gewünschten Antwort oder dem Kauf kürzer und intuitiver wird. Dieser Veränderung gegenüber müssen wir aufgeschlossen sein und Search Kampagnen ganzheitlich und user-fokussiert zu denken. Entscheidend ist auch möglichst viele und vielfältige Informationen – Text, Bilder, Videos – über die angebotenen Produkte und Dienstleistungen online verfügbar zu machen und aktuell zu halten, damit sie in der Kombisuche integriert werden.

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